Prof. Dr. Hans Mendl: "Ein Stock höher?" Das Eichstätter Knabenseminar in den 1970er Jahren

„Ein Stock höher?“

Das Eichstätter Knabenseminar in den 1970er-Jahren im Übergang
von einem berufsgebundenen zu einem berufsbezogenen Modell

Prof. Dr. Hans Mendl

Mit der Frage „Gehst du einen Stock höher?“ verband sich die Erwartung an die Jungen aus dem Eichstätter Studienseminar, dass sie nach dem Abitur ins Priesterseminar eintreten würden, das räumlich im Stockwerk über dem Studienseminar St. Willibald untergebracht war.
Vier Jahrhunderte lang, seit dem Trienter Konzil und der Errichtung des Eichstätter Seminars im Jahre 1564, war das ein Erfolgsmodell gewesen: Buben auch aus den Randgebieten der Diözese, die sonst keine Möglich-keit auf eine gymnasiale Bildung erhalten hätten, lebten und lernten im Knabenseminar. Nicht wenige ent-schieden sich für den Priesterberuf.
In den 1960-Jahren geriet dieses Modell in die Krise. Die Zahl der Priesterberufungen aus dem Knabensemi-nar heraus ging stark zurück. Außerdem erschien die Vorstellung des Seminars als einer Sonderwelt inmitten der Altstadt von Eichstätt als nicht mehr plausibel, um verantwortungsbewusste Christen heranzubilden. Auf überregionaler Ebene setzte sich die Tendenz durch, die Studienseminare von einem eng berufsgebundenen Konzept auf ein weites berufsbezogenes hin zu entwickeln.
Wie dies konkret in Eichstätt vonstattenging, soll anhand erstmals ausgewerteter Dokumente aus dem Seminar- und Universitätsarchiv dargestellt werden. Eine wertvolle Quelle stellen dabei die seminarinternen Zeitschriften „Das Seminarecho“ und die „Perspektiven“ dar, aus denen die Meinungen der beteiligten Akteure – Regens, Direktoren und Seminaristen – erhoben werden können.
Als äußerst spannend und sicher aus heutiger Sicht etwas kurios erscheinen die heftig geführten Diskus-sionen bezüglich der Gottesdienstfrequenz und vor allem auch der Frage, ob Seminaristen einen Tanzkurs be-suchen dürfen.

Einladung zum öffentlichen Vortrag